PATRICIA
KOPATCHINSKAJA
Gabriel Fauré (1845-1924)
Violinsonate Nr. 1 A-Dur op. 13 (1875)
César Franck hatte seine Violinsonate 1886 als älterer Mann geschrieben. Gabriel Fauré schrieb seine erste Violinsonate fast zehn Jahre vorher, 1874, aber noch als junger Mann und am Anfang seiner Laufbahn. Das mag erklären wieso Faurés Sonate viel neuer und innovativer wirkt als diejenige von Franck.
Nach dem Krieg gegen Deutschland 1870/71 kam es in Frankreich zu einer Rückbesinnung auf die eigene Musiktradition. Saint-Saens gründete die "Société Nationale de Musique" und wollte damit junge Französische Komponisten fördern, um der Dominanz der Deutsch-Österreichischen Musikkultur eine Französische Eigenständigkeit entgegenzusetzen. Erster Sekretär war ab 1874 Fauré selber und ein Wettbewerb dieser Gesellschaft war Anlass zur Komposition seiner Sonate, mit welcher er auch den Wettbewerb gewann. Die Sonate wurde sein erster breiter Erfolg, fand Eingang ins Repertoire aller grossen Virtuosen und ist bis heute sein meistgespieltes Werk. Die Referenzaufnahme stammt von Thibaud und Cortot, die beide Fauré noch gekannt hatten.
Camille Saint-Saens, der väterliche Freund und Lehrer Faurés sagte über diese Sonate folgendes: „Man findet all das, was die Feinschmecker verlocken kann: neue Formen, erlesene Modulationen, ungewöhnliche Klangfarben, die Verwendung unerwarteter Rhythmen. Und über allem schwebt ein Zauber, der das ganze Werk einhüllt und der die Masse der gewöhnlichen Zuhörer dazu bringt, die wildesten Kühnheiten als eine ganz normale Sache zu akzeptieren. […] Monsieur Fauré hat sich mit einem Sprung zu den Meistern gesellt“.
Fauré hatte als junger Mensch die berühmte Schule für Kirchenmusik von Louis Niedermeyer in Paris absolviert, wo er die Musik des Mittelalters, die Gregorianik und die Musik der Renaissance eingehend kennenlernte. Vielleicht erklärt sich daraus seine raffinierte Verwendung von fremdartigen Harmonien, oft moduliert er durch die Tonarten, so wie andere Tonleitern schreiben.
Trotz der exotischen Harmonik ist Faurés Musik leicht verständlich, seine süss-schwärmerischen Melodien haben ein eigenartiges und unverkennbares Parfüm.